Vereinschronik

DIE WURZELN DER BLASMUSIK IN HAUSEN

Die Anfänge der Blasmusik in Hausen liegen weitgehend im Dunkeln. Das bisher älteste bekannte Dokument ist ein Foto aus dem Jahre 1902. Es wurde zu einem nicht erkennbaren, wohl aber wichtigen Anlass aufgenommen. Bei Sichtung des Gemeindearchivs anlässlich der 750-Jahrfeier der Gemeinde Hausen fand sich jedoch eine Rechnung aus dem Jahre 1858/59, die beweist, dass die Tradition der Hausener Blasmusik noch viel weiter in die Vergangenheit reicht. Eine gesicherte Geschichtsschreibung gibt es nicht. 

 

Aber es existiert ein Bericht des Zeitgenossen Emil Braun, der bis in die Zeit vor dem ersten Weltkrieg zurückgeht. In ihm können wir nachlesen, dass Athanasius Mayer eine Gruppe von musikbegeisterten Hausener Männern leitete, die eine Musikkapelle bildeten.

 

In den Kriegswirren der Jahre 1914 - 1918 wurde diese Gruppe derart dezimiert, dass sie nicht mehr spielfähig war. Doch trotz allem Leid aus dieser Zeit gelang es Athanasius Mayer schon ein Jahr nach Kriegsende (1919-1920) so viele junge Männer mit seiner Begeisterung für die Musik anzustecken und sie auszubilden, dass 1920 wieder Auftritte stattfinden konnten. Schon immer war es Tradition in Hausen, neben der Tanz- und Festmusik die Kirchenmusik zu pflegen.

 

Heute würde man sagen: ein „ganzheitliches" Repertoire für die Gemeinde Hausen. Diese Tatsache machte sich bezahlt, als die alten Instrumente nicht mehr ausreichten und dringend neue angeschafft werden mussten. Die politische Gemeinde erklärte sich bereit, die benötigten Instrumente zu kaufen, dafür mussten die Musiker so lange die Kirchenmusik umsonst übernehmen, bis die Anschaffungskosten von etwa 1.200 Reichsmark abgegolten waren.

 

Gut ausgerüstet erntete die Hausener Musikkapelle viel Lob und Anerkennung in den Jahren 1930 - 1937, wenn sie auf auswärtigen Festen mit den Ortsvereinen zum Einsatz kam.

Wieder war es der Krieg, der durch den Tod vieler guter Musiker die Spielfähigkeit der Musikkapelle in Frage stellte. Doch diesmal überlebte sie die Kriegsjahre dank des musikbegeisterten Ortspfarrers Eckert. Er leitete selbst die Proben und schrieb eigenhändig die Noten. So konnte er wenigstens durch die gemeinsame Ausübung der Kirchenmusik die übriggebliebene Gruppe von Musikern durch den schrecklichen Krieg begleiten.

„Not macht erfinderisch": In den Nachkriegsjahren gab es immer wieder junge Männer aus Hausen, die die mangelhaften Bedingungen mit großem Engagement, Begeisterung und vielen Mühen ausglichen.

Hausen hatte nicht genügend geeignete Musiklehrer, so gingen die Musikschüler in die umliegenden Dörfer zum Unterricht. Es gab nicht genügend Instrumente, also borgten sie sich für ihre Proben die Instrumente der älteren Musiker aus.

Das starke Interesse der älteren Musiker an der Ausbildung eines Nachwuchses ging sogar so weit, dass sie mangels eines Dirigenten selber abwechselnd die Proben leiteten. 

 

Später (im Jahre 1948) wurde dann einer der besonders bewährten Musiker zum Dirigenten bestimmt, Johann Lebert.

 

Bis zum Jahre 1963 organisierte sich die Musikkapelle Hausen mit großem menschlichen und finanziellen Einsatz selbst.

Inzwischen waren ja nach dem Wirtschaftswunder glücklicher Weise bessere Zeiten angesagt.

Das Beschaffen von guten, teueren Instrumenten und Noten war erforderlich. Die Ausbildung war neu zu organisieren. Probleme blieben nicht aus.So fand im Jahre 1963 ein Gespräch zwischen dem damaligen Pfarrer Brendel und Johann Lebert statt, das ausschlaggebend dafür war, dass der damalige Bürgermeister Erich Wolf die Gründung eines Musikvereins initiierte. Damit sollte den einzelnen Musikern Rechnung getragen werden, die sich in der Vergangenheit stets für den Erhalt der Musiktradition in Hausen eingesetzt haben. Durch ihren Einsatz und ihre Initiative haben sie für ihr Fortbestehen gesorgt und diese Tradition mit Leben erfüllt.

 

Am 19. November 1963 war es dann soweit. Die Versammlung zum Zwecke der Gründung eines Musikvereins wurde einberufen. Damit begann eine neue Ära in der Geschichte der Musiktreibenden in Hausen.

Ergebnis dieser Sitzung war die Wahl der vorläufigen Vorstandschaft. Gewählt wurden:

 

Vorsitzender: Lehrer Walter Seyfried

Stellvertreter: Johann Lebert

Kassier: Valentin Brand

Schriftführer: Elmar Bohlender

 

Es gab dann sogar zwei Dirigenten: Robert Seitz und Josef Link, der hauptsächlich für die Ausbildung der Jugend zuständig war.

 

Am 27. Dezember 1963 traf man sich zur ersten Generalversammlung des Vereins, während der die vorläufige Vorstandschaft bestätigt und bereits eine Satzung festgelegt wurde.

 

Im Jahre 1964 bewies der neugegründete Verein schon, dass das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt war. Er war in diesem Jahr mit 130 Mitgliedern der stärkste Ortsverein und unterstützte seine zwanzig Musiker in jeder Hinsicht.

Deutlich sichtbar wurde das beim Gründungsfest im August 1964,

20 Kapellen brachten den Hausener ihre Hochachtung entgegen, indem sie als Gäste anreisten und mit der hiesigen Musikkapelle ihre Vereinsgründung feierten. Auch zu diesem Anlass wurde ein Schwerpunkt des Musiklebens in Hausen einmal mehr betont, nämlich die Förderung junger Musiker, die den Fortbestand einer Kapelle sichern.

 

Unter der Leitung von Walter Seyfried entwickelte sich der Verein in kurzer Zeit zu einem festen Bestandteil des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens in Hausen. Wie schon in den Jahren vor der Vereinsgründung engagierte sich die Musikkapelle auch wesentlich bei den kirchlichen Festen. Vor allem bei den Prozessionen ist sie noch heute ein unverzichtbarer Bestandteil. Aktivitäten wie das Silvesteranspielen, Osternanspielen und ein Ständchen zum 1.Mai sind bis heute feste Bestandteile im Veranstaltungskalender des Musikvereins.

 

Im Jahre 1965 war der Beitritt zum Nordbayerischen Musikverband ein wichtiger Meilenstein. Es wurden damals zwei Kapellen gemeldet. Die Musikkapelle selbst mit einer Besetzung von elf Musikern und eine Jugendkapelle mit der stattlichen Anzahl an 20 jungen Männern.

Im Januar desselben Jahres konnte auch der erste Auftritt alleine mit Musikern aus Hausen stattfinden. War man bis dahin noch auf die Hilfe auswärtiger Musiker angewiesen, sprach man in Hausen von jetzt an mit Recht von „unserer" Musikkapelle. Diese stellte im gleichen Jahr beim Wertungsspielen in Obernburg mit einem zweiten Platz ihr Können unter Beweis.

 

An Fronleichnam 1966 hatten die Musiker ihren ersten Auftritt in ihrer noch heute bestehenden fränkischen Tracht. Im selben Jahr fand am Palmsonntag auch das erste Konzert zusammen mit der „Wanderkapelle" Dornau statt, und die Jugendkapelle beteiligte sich im Dezember an einem Gemeinschaftskonzert in Sulzbach.

 

Im Jahre 1967 zeigte sich bei der Ausrichtung des Kreismusikfestes in Hausen, wie sehr die Bevölkerung mit ihrem noch jungen Musikverein verbunden war. Ohne die tatkräftige Unterstützung der anderen Ortsvereine wäre dieses Großereignis nicht möglich gewesen.

Die folgenden Jahren waren von regen musikalischen und gesellschaftlichen Aktivitäten geprägt. Neben den zahlreichen Auftritten und Proben, welche die Musiker zu bewältigten hatten, wurde das Vereinsleben nicht zuletzt mit vielen Feiern, Festen und Ausflügen gepflegt. Der Verein machte seinem Namen „Harmonie" alle Ehre. Engagierte Vorstände und Dirigenten garantierten ein stetes Wachsen der Musikkapelle.

 

1980 hielten mit vier Klarinettistinnen die ersten Frauen ihren Einzug in die bis dahin ausschließlichen männlich besetzte Musikkapelle. Das war der Beginn einer Entwicklung zu einem heute überwiegend mit Frauen besetzten Orchester.

 

1984 war die Teilnahme am Pan-Europatag in München geplant. Zu diesem Anlass wurde die Pelzkappe durch den im Fränkischen gängigeren Dreispitz als Bestandteil der Tracht abgelöst. Voller Stolz fuhren 27 Musiker mit neuen Kopfbedeckungen nach München. Die Damen des Vereines genossen die Aufmerksamkeit, welche die schmucke Tracht hervorrief.

 

Im April 1987 führten die schon seit längerem schwelenden Diskussionen um einen geeigneten Proberaum zu einem Bruch in der Kapelle. Plötzlich hatte der Verein seine musikalische als auch organisatorische Führung verloren. Etliche Musiker verließen das Orchester und es blieb ein kläglicher Rest von zehn Musikern. Diese hatten jedoch den Willen weiterzumachen.

Dem neugewählten Vorsitzende Ewald Reichert gelang es, innerhalb kurzer Zeit viele Jungendliche zu motivieren, um den Fortbestand der Kapelle zu sichern.

 

1988 wurden 20 Schüler in Obernburg an der Musikschule gemeldet. Eine neue Grundlage war geschaffen.

Motivierend war nicht zuletzt der Besuch der ICC in Berlin, gemeinsam mit dem Musikverein aus Rossbach.

 

1989 bestand das Orchester aus 19 Musikern/Musikerinnen und war, damals wie heute, recht „holzlastig".

 

1991 änderte sich das äußere Erscheinungsbild ein weiteres Mal, als die Frauen eine eigene Tracht, bestehend aus schwarzem Rock, weißer Bluse und rotem Schultertuch, bekamen.

 

In den folgenden Jahren freute sich die Musikkapelle über regen Zuwachs junger Musiker. Unter Dirigent Klaus Setzer entwickelte sie sich zu einem leistungsstarken Orchester, welches sich jetzt verstärkt der konzertanten Blasmusik widmete.

 

Vom 18.-20.06.1994 zeigte sich die Stärke des Musikvereins besonders deutlich in der Ausrichtung des Verbandsmusikfestes.

Leider gab direkt nach dem Fest der Vorsitzende Ewald Reichert seinen Rücktritt bekannt. Mit ihm trat die gesamte Vorstandschaft geschlossen zurück. Bereits im August desselben Jahres konnte eine neue Vorstandschaft gewählt werden. Das immer drängendere Problem, einen neuen Proberaum zu finden und die Mitteilung des Dirigenten Herrn Setzers, dass er unter den gegebenen Umständen sein Amt niederlegen würde, führte zu einer regelrechten „Revolte", vor allem der jugendlichen Mitglieder des Orchesters. Mit der neuen Vorstandschaft unter der Leitung des 1. Vorsitzenden Herbert Suffel wurde der Musikverein am 09.10.1995 zum eingetragenen Verein. Gleichzeitig haben wir zusammen mit dem Karnevalverein das ehemalige Schwesternhaus zum Proberaum umgebaut. Dass die Musikkapelle aus dem Leben unserer Gemeinde nicht wegzudenken ist, zeigt sich an der hohen Anzahl von durchschnittlich 50 Terminen, die jährlich absolviert werden. Mit ihren Darbietungen prägt sie unter anderem die Christmette, das Adventskonzert und verleiht den stattfindenden Prozessionen einen feierlichen Charakter. Oft kommen die ersten Takte der Musiker der Aufgabe der Kirchenglocken gleich, wenn sie durch ihr Ertönen, im gesamten Dorf hörbar, zu Festlichkeiten gesellschaftlicher oder kirchlicher Natur einlanden. So verlässt sich auch die politische Gemeinde gern auf das Können ihrer Musiker, zum Beispiel beim jährlich stattfindenden Dorffest. Die Veranstaltungen zur 750Jahrfeier der Gemeinde Hausen werden gerne vom Musikverein „Harmonie" Hausen e. V, umrahmt und mitgestaltet.

 

Nachwort

Wenn Menschen für ihre Musik brennen und begeistert unglaubliche Energien entwickeln, dann entsteht eine Tradition, wie wir sie hier bei uns in Hausen finden. Die Zeiten haben sich verändert, die Generationen bauen aufeinander auf, die Dinge sehen anders aus, aber der Mensch mit seiner Liebe zur Sache bleibt derselbe. Der Geist der Musiker von Hausen bleibt erhalten, nämlich unter Einbindung der jungen Menschen die Höhepunkte des Dorflebens, ob kirchlicher oder politischer Natur, musikalisch zu begleiten, Hausen nach außen musikalisch zu vertreten und im Verein mit anderen Dorfvereinigungen Gemeinschaft nach innen und außen zu leben.

Natürlich entwickelt sich bei großem Engagement unvermeidlich auch eine Tradition der Konfliktkultur bei auftretenden Nöten und Problemen, wie es in unserer Chronik deutlich wird. Dies gehört zur Kehrseite der Begeisterung, die im Laufe der Jahre so vieles bewegen konnte. Es tut gut zu sehen, wie trotz Sonnen- und Schattenseiten eine Tradition länger als ein Jahrhundert ihren Weg gegangen ist und mit veränderten Ideen der jeweiligen Zeit immer wieder am Leben bleibt.

 

Die erfolgreiche Arbeit der Jugendleitung und ein guter Dialog zwischen Vorstand, Verein und Musikkapelle garantieren auch für die Zukunft, dass die Tradition der Blasmusik in unserer Gemeinde fortgeführt werden kann.